Wird bei einer Bewohnerin durch das unmissverständliche Vermitteln, dass sie „jedenfalls“ für zehn Tage im Zimmer bleiben muss, der Eindruck erweckt, dass sie sich dieser Vorgabe nicht entziehen kann und bei Zuwiderhandeln mit physischem Zwang rechnen muss, liegt darin eine Freiheitsbeschränkung.
Die Bewohnerin wurde entsprechend einer in der Einrichtung geltenden (internen) Standard Operating Procedure (SOP) trotz dreier negativer SARS-COV-2 Testbefunde ab dem Aufnahmetag über einen Zeitraum von zehn Tagen im Einzelzimmer isoliert, obwohl es keine Indizien dafür gab, dass von ihr eine Gefahr der Keimverschleppung mit COVID-19 bestand, die über jene, die von jedem Menschen ausgeht, hinausging. Bei der Bewohnerin zeigten sich während der Isolation Gefühle von Einsamkeit, Angst, agiertes Verhalten (Schreien) und sichtlich eine Zunahme von Schmerzen.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Unzulässigerklärung der an der Bewohnerin vorgenommenen Freiheitsbeschränkung.
Durch das unmissverständliche Vermitteln, dass sie „jedenfalls“ im Zimmer bleiben muss, wurde bei der Bewohnerin der Eindruck erweckt, dass sie sich dieser Vorgabe nicht entziehen kann, dies umso mehr, als ihrem von Anfang an klar erkennbaren Wunsch nach Kontakt beharrlich nicht entsprochen wurde. Wenn sie unter diesen Umständen nicht versuchte, sich physisch der Isolation zu widersetzen, kann dies nicht als Zustimmung zur Maßnahme ausgelegt werden. Es lag eine (psychische) Einschränkung der Bewegungsfreiheit vor. Die Freiheitsbeschränkung war auch unzulässig, weil von der Bewohnerin keine Gefahr ausging.
OGH, 7 Ob 59/21h, 23.06.2021