Anlageberatung und Beraterhaftung
„Auch wenn vom Bankberater keine konkrete Verhaltensempfehlung ausgesprochen wird, kann durchaus bereits eine Beratung vorliegen. Der in der Praxis häufige Einwand vieler Berater, sie haben nur die Veranlagung dargestellt, aber der Anleger habe ja zuletzt die Entscheidung getroffen, weswegen keine Beratung vorgelegen habe, ist jedenfalls nicht zielführend. Es ist gerade Wesen der Beratung, dass dem Anleger Informationen für eine von ihm zu treffende Entscheidung erteilt werden“ (Pablik, Anlageberatungsvertrag, Lexis Briefings Zivilrecht, April 2021).
Der Bankberater wird als Erfüllungsgehilfe für seine Bank tätig, sodass ein Beratungsvertrag mit dem Bankunternehmen zu Stande kommt und dieses auch haftet. Daneben ist auch eine persönliche Haftung des Bankberaters unter bestimmten Umständen möglich. Bei der Beratungspflicht kommt es vor allem darauf an, was der Anleger nachfragt, zu berücksichtigen ist aber auch, dass den Berater bestimmte Beratungspflichten treffen, die er auch ohne Nachfrage zu erbringen hat. Diese allgemeinen Pflichten werden durch die gesetzlichen Bestimmungen des WAG 2018 näher bestimmt. Das WAG 2018 stellt je nach Finanzdienstleistung unterschiedliche Anforderungen an die Beratungstätigkeit. Das Gesetz enthält die den Berater treffenden Informationspflichten. Der Anlageberater darf grundsätzlich dem Kunden nur ein solches Wertpapier empfehlen, das für den Kunden geeignet ist. Der Berater muss zudem überprüfen, ob der Kunde in der Lage ist, die Risiken im Zusammenhang mit dem angebotenen Produkt zu verstehen. Geeignet ist ein Wertpapier dann, wenn
- es den Anlagezielen des Kunden entspricht
- die mit dem Geschäft verbundenen Risiken für den Kunden seinen Anlagezielen entsprechend finanziell tragbar sind und
- der Kunde in der Lage ist, die mit dem Geschäft einhergehenden Risiken aufgrund seiner Erfahrungen und Kenntnisse zu verstehen.
Da der Berater die Eignung des empfohlenen Wertpapiers beurteilen muss, muss er sich daher auch umfassende Informationen über den Kunden verschaffen. Er muss seine Anlageziele, die finanziellen Verhältnisse und die bisherigen Erfahrungen und Kenntnisse des Kunden erheben. Zu den Informationen über die Anlageziele gehören auch die Präferenzen hinsichtlich des einzugehenden Risikos. Auf der Basis dieser Informationen muss der Anlageberater bzw. die Bank dann eine eigenverantwortliche Beurteilung hinsichtlich der Eignung des Wertpapiers vornehmen. Nur dann, wenn das ausgewählte Wertpapier den genannten Kriterien entspricht, darf der Berater dieses auch empfehlen.
Nach der Rechtsprechung muss die Beratung von Anlegern vollständig, richtig, rechtzeitig und für den Kunden verständlich sein, wobei auf dessen persönliche Kenntnisse und Erfahrungen Rücksicht zu nehmen ist. Der Kunde muss die Auswirkungen seiner Anlageentscheidungen erkennen können. Die Risikogeneigtheit eines Anlageprodukts ist der Risikobereitschaft des Kunden gegenüberzustellen. Die Risikoerwartung muss zudem dem Anlageziel des Anlegers entsprechen. Das Anlageziel ist durch die Erstellung eines Anlageprofils zu ermitteln. Die jeweils konkrete Ausgestaltung und der Umfang der Beratungspflichten ergeben sich aus den Umständen des Einzelfalls in Abhängigkeit vom Kunden, seinem Fachwissen und seiner Professionalität, seinen finanziellen Möglichkeiten, seinen Anlagezielen und den ins Auge gefassten Anlageobjekten. Als Grundsatz gilt: je unerfahrener der Anleger und riskanter die Veranlagung, umso höher sind die Anforderungen an die geschuldete Beratung. Ein Verzicht auf Beratung ist nur beschränkt zulässig.
Die Verletzung der Beratungspflicht kann als rechtswidriges Verhalten eine Haftung begründen, wenn sie schuldhaft erfolgte und in kausalem Zusammenhang mit dem eingetretenen Schaden steht. Der Anleger kann grundsätzlich (nur) verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Berater ihn richtig aufgeklärt hätte.
(Pablik, Anlageberatungsvertrag, April 2021, Lexis Briefings Zivilrecht und dort angegebenen Lit. und Jud.)