Beim Ableinen von Hunden ist immer Vorsicht geboten
Auch im Freiland müssen Hundehalter dafür sorgen können, dass ihre Tiere andere Anwesende nicht anspringen.
Die Klägerin führte ihren Hund auf einem ans verbaute Ortsgebiet angrenzenden Feld an der Leine spazieren, als der freilaufende Hund des Beklagten diesen ansprang. Der Beklagte hatte seinen Hund von der Leine gelassen, obwohl er die Klägerin und ihren Hund in nur 50 Metern Entfernung sah. Beim folgenden Gerangel der Tiere stieß einer der beiden Hunde an das Bein der Klägerin, die daraufhin einen Schritt machte, mit dem rechten Fuß umknickte und sich verletzte.
Der Beklagte behauptete vor Gericht einen ganz anderen Hergang: Als er den Hund abgeleint habe, sei niemand zu sehen gewesen. Die Klägerin und ihr Hund seien erst später gekommen. Die Frau sei außerdem von selbst gestolpert, als sein Hund den ihren bloß angebellt habe. Der Beklagte erstattete kein Vorbringen, ob er seinen abgeleinten Hund üblicherweise erfolgreich kontrollieren könne, zB durch verbale Kommandos. Auch einen Mitverschuldenseinwand erhob er nicht. Es gab also auch keine konkreten Behauptungen, wie die Klägerin in der von ihr geschildeten Situation hätte handeln sollen, um ihre Verletzung zu vermeiden.
Die Vorinstanzen prüfen nach diesen Vorgaben den Schadenersatzanspruch der Klägerin für die Verletzungsfolgen zunächst nur dem Grunde nach und bejahten die Haftung des beklagten Hundehalters. Auf Tataschenebene hielten sie die Unfallversion der Klägerin für zutreffend. Rechtlich führten sie aus, dass für den Hund des Beklagten zwar keine generelle Leinenpflicht gelte. Jedoch dürfen Hunde nach der Rechtsprechung auch in ländlicher Umgebung nicht stets frei herumlaufen. Im konkreten Fall hätte der Beklagte vor dem Ableinen eben die nur 50 Meter weit entfernte Klägerin und ihren Hund beachten müssen.
Der Oberste Gerichtshof hielt die Rechtsansicht der Vorinstanzen für vertretbar, weil das Maß der Sorgfaltspflichten bei Verwahrung und Beaufsichtigung durch den Tierhalter immer von den Umständen des Einzelfalls abhängt und die Beurteilung der Vorinstanzen den von Gesetz und Rechtsprechung eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht verlässt ( OGH 4 Ob 83/24w vom 23.05.2024).