Die Sicherungspflicht des Pistenbetreibers umfasst nur atypische Gefahren. .
Der elfjährige Kläger fuhr auf einer von der beklagten Pistenhalterin betriebenen Schipiste im Bereich einer „Wellenbahn“. Beim Verlassen dieser Sonderfläche stieß er auf der Publikumspiste mit einem anderen Schifahrer zusammen und verletzte sich dabei schwer.
Der Kläger begehrte von der Pistenhalterin Schadenersatz aus diesem Schiunfall und behauptete, die Pistenhalterin wäre verpflichtet gewesen, das Ende der Wellenbahn von der übrigen Piste abzugrenzen und die Sonderfläche nach der letzten Welle weiter hangabwärts zu ziehen und damit einen Auslauf für deren Benutzer zu ermöglichen.
Das Ende der Wellenbahn ist nach Ansicht des Gerichts zu erkennen gewesen. Die Kollision wäre daher durch eine angepasste Fahrweise des Klägers vermeidbar gewesen.
Während der gesamten Fahrtstrecke der Wellenbahn bestand keine Sichtbehinderung zur Publikumspiste. Zirka fünf Meter vor dem Ende der Wellenbahn stand ein Stocknetz mit einem Transparent mit einem Straßenverkehrssymbol „Achtung“ und dem Schriftzug „Slow“, das für herannahende Schifahrer gut erkennbar war. Die Wellenbahn war weder als Rennstrecke noch als Sprunghügel ausgeschildert, die letzte Welle war zumindest zehn Meter vom Ende des Sondergeländes entfernt. Das wäre für den Kläger (ein sehr guter Schiläufer) ausreichend gewesen, um nach der letzten Welle abzuschwingen und sich kontrolliert in den Fluss der Publikumspiste einzuordnen. Die den Pistenhalter treffende Pflicht zur Sicherung der Piste bedeutet nicht die Verpflichtung, den Schifahrer vor jeder möglichen Gefahr zu schützen, die ihm von der Piste her droht. Nur atypische Gefahren sind zu sichern; also solche Hindernisse, die der Schifahrer nicht ohne weiters erkennen kann, und solche, die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann. Eine solche atypische Gefahr lag im hier zu beurteilenden Fall nicht vor. Dem Pistenhalter ist somit kein Verschulden vorzuwerfen.
OGH, 4 Ob 181/20a, 23.02.2021